Wochenrückblick

Der kompakte Wochenrückblick. Aufgeschrieben aus Ärger über die Plattheit der heuteshow, die den realen Wahnsinn, um den die Bürger laut Umfragen offenbar betteln, nicht annähernd abzubilden packt.

Eine Woche in Berlin geht zu Ende. Es ist eine Woche voller Überraschungen: in der Bundesregierung haben die Minister Maas und de Maiziere, so der BMI-Sprecher heute Mittag, nach dem Koalitionsgezänk‚ eine ‚betonte Einigung‘ erzielt. Auf gut deutsch: am Text wird nichts geändert, die SPD hat mit Zitronen gehandelt und ists auch irgendwie selbst schuld.

Denn wer das Papier nicht richtig liest, das er überhaupt nur aufgrund des Grätschgeheuls aus den Bergen, also von Crazy Horst, an der Backe hat, sich dagegen aber nicht wehrt weil auch die Sozialdemokraten latent Schiss haben, dass ihre Wähler vielleicht genau so konservative Krampfadern haben, wenn es um „ihr“ Deutschland geht, wie die Wähler aus dem Unionsteich, also wer das Papier nicht richtig liest oder lesen lässt, der kann sich beim nächsten Mal auch einfach eine Tüte aus dem Papier drehen, ganz viel Gras da reinstopfen und ganz entspannt sagen: Gefällt mir – Kind, komm einfach nicht her, und deine Eltern lässt Du bitte erst recht zuhause.

Aber: wenn Du unbedingt herkommen willst und deine Eltern als Härtefall mitbringen willst, dann solltest Du besser noch so etwa 13 sein, wenn Du los gehst. Erstmal musst Du überhaupt nach Deutschland kommen. Das ist der sportliche Teil, mein syrisches Kind. Durch die geschlossene türkische Grenze, quer durch die Türkei, dann die Nato-Schiffe umschiffen, die dich sonst in die Türkei zurückbringen, dann von griechischen Inseln, in denen Du bald im Hotspot bist und dann per Kontingent nicht in Europa verteilt wirst oder aber in den sicheren Drittstaat Türkei zurückgeschoben wirst auf Festland, von dort durch die geschlossene Quasi-innere-Schengen-Außengrenze zwischen Griechenland und Mazedonien, dann irgendwie Richtung Norden (durch den ungarischen oder österreichischen Zaun), dann noch bis Deutschland und dann darfst Du in Deutschland dem Grenzbeamten, aber bitte ohne Schusswaffengebrauch, statt Hallo einfach mal „Asyl“ zurufen. Dann kommst Du in ein Erstaufnahmelager… und wartest… und wirst umverteilt… und wartest… und dann wird dein Antrag bearbeitet… und wartest… und nach durchschnittlich 6,7 Monaten ist dein Antrag bearbeitet.

Nun bist Du zwar legal, aber allein und befristet in Deutschland. Und wenn Du Pech hast, bist Du ein Minderjähriger unbegleiteter Flüchtling, früher hieß das MuFl, aber das klang zu süß, daher jetzt UMF, das klingt nach auf die Nase gefallener Comicfigur, auf jeden Fall bist Du mit etwas Pech ein Flüchtling dritter Klasse und genießt – was für ein Wortpaar – „subsidiären Schutz“. Dann darfst Du Mama und Papa nicht nachholen, egal ob Du dir das leisten kannst, wenn Du nicht gerade ein Härtefall bist. Ist ja vielleicht auch besser so, wer will schon Eltern nachholen, die einen in die Mühlen deutscher Bürokratie schicken, wenn zuhause gerade mal ein bisschen Krieg ist. Aber wenn Du es doch möchtest, musst Du nun einen Antrag stellen, einen Antrag auf Familiennachzug und dann wird der abgelehnt und dann kannst Du eine Härtefallprüfung veranlassen und mittlerweile ist entweder der Bürgerkrieg in Syrien vorbei, deine Eltern tot oder Du bist 18. Auf jeden Fall warst Du dann aber etwas ganz besonderes. Denn die Zahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge ist so furzklein, dass es erstaunlich ist, wie sehr man sich für dieses Detail einer „Scheiß auf die blöde Familie“-Regelung begeistern bzw. darüber aufregen kann.

Nun ist es nicht so, dass der Asylkompromiss bzw. das Asylpaket II bzw. das Asylrechtseinschränkungspaket II sonst keine Auswirkung hätte – vor allem im Paket mit den anderen Maßnahmen zur „Begrenzung“ der Flüchtlingszahlen. Kommen Mama oder Papa, dürfen sie die Kinder und Partner künftig nicht mehr nachholen, wenn sie in den zweifelhaften subsidiären Schutz-Genuss kommen. Es sei denn, sie sind, sie ahnen es schon, ein Härtefall. Oder aber: die Kontingente kommen, mit denen der Familiennachzug demnächst kommen dürfen würde, wenn denn diese Kontingente da wären, die aber erst noch beschlossen werden müssten und eigentlich überhaupt nur kommen sollen, wenn die Türkei weiterhin überfordert ist, so Angela Merkel heute beim Besuch von Beata Szydło, der polnische Ministerpräsidentin. Woher die Torschlusspanik bei den Syrern kam? Unerklärlich..

Aber die SPD hat hart gekämpft für das Recht der Kinder. Sie hat so sehr gekämpft, wie die CSU in dieser Woche mit dem Lachen. Kann man nicht einfach jeden Käse fordern heute? Erst zu Putin fahren, dann die Bundesregierung, die man selbst als Parteivorsitzender mitverantwortet, einer „Herrschaft des Unrechts“ zu zeihen – so betrunken kann man nicht sein? Doch, kann man, offensichtlich. Man kann aber auch, verehrte Frau Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, einen NATO-Einsatz herbeizaubern, der polizeiliche Aufgaben erfüllt, weil die beiden Nachbarländer eigentlich am liebsten, obwohl beide NATO-Partner, immer noch gegeneinander um ein paar ehemals unbewohnte, heute vermutlich von Flüchtlingskadavern belagerte Inseln Knallpeng spielen würden und deren Küstenwachen deshalb, angeblich nicht ganz unüblich, normalerweise nur auf dem Umweg Außenministerium miteinander reden. Die dolle Aufgabe des NATO-Verbandes deshalb nun: Schleuser identifizieren und die griechisch-türkische Freundschaft mit Lagebildinformationen fördern, gegebenenfalls Flüchtlinge aufnehmen – die dann aber zurück in die Türkei sollen. Welcher Flüchtling wird so blöd sein, an Bord einer Fregatte zu gehen, die ihn dahin zurückbringt, wo er gerade losgefahren ist? Und was machen die NATO-Soldaten dann eigentlich? Wenigstens echte, funktionierende Schwimmwesten rüberwerfen? Wohl kaum.
Aber es gibt ja auch positives in dieser Woche. Constructive News, die Betonung auch der guten Entwicklungen, ist ja gerade der ganz heiße Scheiß. Deshalb fragte ich am Mittwoch in der Bundespressekonferenz…

FRAGE STEINER: Frau Moosmayer, Frau Lenz, Herr Knödler, ich hatte schon im vergangenen Herbst eine Frage gestellt, die ein bisschen in diese Richtung ging, und möchte auch jetzt wieder fragen: Sind auch für den März Termine Ihrer Minister in ihrer Funktion als Mitglieder des Bundeskabinetts geplant?
MOOSMAYER: Sie wollen jetzt alle Termine des Ministers im März wissen?
ZUSATZFRAGE STEINER: Nein, ich will nur wissen, ob Termine in seiner Funktion als Minister, also als Teil der Bundesregierung geplant sind.
MOOSMAYER: Selbstverständlich ich verstehe die Frage nicht. Natürlich macht er Termine.
LENZ: Wenn ich in den Terminkalender des Ministers schaue, dann sehe ich auch sehr viele Termine auch im März. Ich schließe mich dem also an.
KNÖDLER: Auch ich kann mich dem anschließen.

Endlich also gute Nachrichten: die CSU-Minister (wissen Sie, wie die heißen? Maut-Karo-Man, Apfel-Putin-Man und Denglisch-Man sind keine erlaubte Antwort), also diese Leuchttürme des politischen Berlins bleiben der Bundesregierung weiterhin erhalten. Schönes Wochenende.